Stiftung Schweizer Zentrum für Heil- und Sonderpädagogik
Zürich
Gestern
Praxisprojekt in einer ersten Primarklasse (Auszug)
- Veröffentlicht:31 Oktober 2025
- Pensum:100%
- Vertragsart:Festanstellung
- Arbeitsort:Zürich
Job-Zusammenfassung
In einem spannenden Praxisprojekt lernen Kinder spielerisch den Umgang mit Geld.
Aufgaben
- Das Projekt umfasst Planung und Aufbau von Läden.
- Die Umsetzung beinhaltet kreative Spielstunden mit Denkschulungen.
- Kinder diskutieren mathematische Konzepte während des Spiels.
Fähigkeiten
- Erfahrungen in der Arbeit mit Grundschulkindern sind wünschenswert.
- Kreativität und Teamfähigkeit sind wichtig.
- Mathematische Grundkenntnisse und Kommunikationsfähigkeit.
Ist das hilfreich?
Über den Job
Praxisprojekt in einer ersten Primarklasse (Auszug) Schreiner, C. (2016). Spielend denken, denkend spielen. Mathematisches Spielprojekt zum Themeninhalt "Geld". Unveröffentl. Praxisprojekt. Zürich: Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik. 5.2. Beschreibung der Umsetzung 5.2.1. Projektplanung und Aufbau der Läden Das Projekt startete mit einem Klassengespräch über vergangene Erlebnisse beim Einkaufen, Gespräche über das eigene- Taschengeld und offene Wünsche, die man sich mit Geld gerne erfüllen würde. Schon zu diesem Zeitpunkt wurde das grosse
- Vorwissen der Kinder über die Thematik Geld sichtbar, bald schon kristallisierten sich Spielinteressen heraus, die mit dem Besuch der Ladengeschäfte in Magden noch spezifiziert werden konnten. Bereits auf dem Rückweg des Ladenspaziergangs diskutierten die Kinder aufgeregt ihre Spielwünsche, bildeten Gruppen und trafen
5.2.2. Projektdurchführung: CA - Lektionen (Denkschulung) Die Projektdurchführung gestaltete sich aus zwei Hauptelementen, den freien Spielphasen und der Denkschulung. Einmal wöchentlich fanden CA - Lektionen mit jeweils ein bis zwei Episoden statt. Für die CA - Lektionen wurden von der Lehrperson und der schulischen Heilpädagogin heterogene Denkschulgruppen von anfänglich drei bis vier Kinder gebildet. Die Zusammensetzung der Gruppen veränderte sich immer wieder. Die Anzahl Gruppenmitglieder wurde nach der ersten Durchführung auf zwei bis drei Kinder minimiert. So konnte ein besserer Einbezug aller Kinder an den Gruppengesprächen gewährleistet werden. Es wurden insgesamt drei Denkschulungen zu den Inhalten Geldwert, Proportionalität und Invarianz durchgeführt. Während der Durchführung wurden aufgrund gewonnener Erkenntnisse stetige Anpassungen vorgenommen. CA - Lektionen "Geldwert" (Anhang S. 113) Die erste CA - Lektion beschäftigte sich in drei Episoden mit dem Geldwert und der Mächtigkeit des Geldes. In den Denkschulgruppen wurde Geld geordnet, klassifiziert, Seriationen gelegt und mit Hilfe der mathematischen Zeichen >, < und = Geldwerte verglichen. In den Gruppen entstanden unterschiedliche Ordnungssysteme. Anna ordnete ihr Geld nach optischen Merkmalen und wurde dabei von den anderen Gruppenmitgliedern unterstützt. Während dem Austausch in der Gruppe wurden die Münzen und Noten immer wieder benannt, so dass Anna schnell alle Münzen und Noten bezeichnen konnte. Im Sharing wurden die Ergebnisse der Gruppe präsentiert und teilweise kam es zu gehaltvollen Diskussionen. So diskutierte beispielsweise Thommy mit zwei anderen Kindern über das Verhältnis von Rappen und Franken.
CA - Lektionen "Proportionalität" (Anhang S. 120) In drei Episoden setzten sich die Kinder mit der Proportionalität von Preisen auseinander. Auf Kärtchen erstellten sie Wertetabellen zu Glaces und deren Preisen. Die Stückpreise der Glace wurden während den Episoden verändert: von einem Franken zu zwei, zu fünf Franken. Im Sharing wurden die Tabellen erklärt, Rechenwege aufgezeigt und Zusammenhänge beschrieben. Durch die Aufforderung einander zu erklären, wie man rechnet, wurden unterschiedliche Vorgehensweisen sichtbar. Anna und Annette ordneten die Münzen den Glaces zu, erstellten also eine 1:1 Zuordnung, Annette berechnete so den Preis von mehreren Glaces. Andere Kinder zählten in Schritten, addierten oder führten bereits erste Multiplikationen durch.
Der Austausch in den Gruppen, das "Sharing" und "Bridging" verlief zu diesem Zeitpunkt noch nicht zufriedenstellend. Es hatte Kinder, die sehr aktiv waren und sich immer öfter und ausführlicher über ihr Denken äusserten. Jedoch insbesondere Anna und Thommy fiel die Teilhabe an der Denkschule nicht einfach. CA - Lektionen "Invarianz" (Anhang S.132) In der CA - Lektion ging es um die Erfahrungen mit der Invarianz von Geldwerten und um das Darstellen der gleichen Geldmenge auf verschiedene Arten. Anfänglich sollten die Kinder anhand eines Beispiels mit zwei unterschiedlichen Münzreihen mit gleichem Geldwert, die Invarianz von Geldwerten 2
beschreiben. In einem zweiten Schritt sollten vorerst Invarianzen zum Geldwert 5 Fr gefunden und anschliessend eigene Geldreihen gezeichnet werden. Nach dem Besuch durch den Mentor wurden die geplanten CA - Lektionen zur Invarianz nochmals differenziert betrachtet. Der Schwerpunkt bei den Episoden wurde nun auf das dynamische Denken gelegt, das in jeder Episode weiterentwickelt wird. Da die Aufgabe teilweise zu eng und statisch war, bremste dies den dynamischen Denkprozess. Die Aufgabe wurde geöffnet, der Ablauf der Denkschule besser rhythmisiert und die einzelnen Episoden und der Austausch zeitlich gestrafft. Es wurden nun Invarianzen mit Münzen, anschliessend mit Noten und in einem dritten Schritt mit Münzen und Noten gesucht. In den ersten drei Episoden geschah dies auf enaktiver und ikonischer Ebene. In den Episoden vier und fünf schrieben die Kinder die Invarianzen auf symbolischer Ebene als Gleichungen auf.
Als weitere Veränderung nahmen nun die Klassenlehrperson und die Studierende an der Gruppenarbeit teil, in dem sie selbst auch Invarianzen zeichneten und so den Austausch der Förderkinder mit ihren Gruppenmitgliedern anregen konnten. 5.2.3. Projektdurchführung: Spielstunden Zweimal wöchentlich spielten die Kinder in der Ladenlandschaft. Die Spielstunde startete mit dem Aufbau und Einrichten der Geschäfte, die jeweils in einer Kiste verstaut waren. Mit dem "geöffnet" Schild zeigten die Kinder an, dass ihr Laden nun fertig eingerichtet ist, der Übergang vom Aufstellen zum Spielen verlief so fliessend. Die Klassenlehrperson und die Studierende spielten mit und betreuten zu Beginn die Bank. Nach einigen Spielsequenzen spielten auch Schülerinnen und Schüler in der Bank und sammelten so vielfältige Erfahrungen mit Wechselsituationen. In den Spielsequenzen wurde aktiv kommuniziert. Es waren oft typische "Ladendialoge" zu hören. Zudem kam es an den Ladentischen zwischen den Kindern immer wieder zu Diskussionen über Rückgeld, den Unterschied von Rappen und Franken und anderen mathematischen Inhalten. Es wurde Geld gezählt und die Gesamtsumme mit den Summen der anderen Ladenbesitzer verglichen. Teilweise kam es vor, dass zwei Kinder ihren Laden während der ganzen Spielsequenz geschlossen hatten, da sie mit Geld zählen und umtauschen beschäftigt waren. Es wurde sogar im Tausenderraum gezählt und gerechnet. Der mathematische Wortschatz entwickelte sich weiter. Bald schon bezeichnete auch Anna grosse Zahlen korrekt und wusste Rechnungen wie 50+50 , 100+100. Es war sichtbar, wie die Kinder voneinander lernten. Sie beobachteten einander, ahmten nach, diskutierten und halfen. Einige Spielstunden starteten wir mit einem Kassensturz, bei dem alle Kinder das Geld in ihren Kassen zählten. Annette wurde dabei immer sicherer im Zählen in Schritten, Anna beobachtete andere Kinder genau und zählte leise mit. Die Kinder entwickelten das Spiel laufend weiter. Es kam zur Durchmischung der Gruppen, da sie begannen in anderen Läden auszuhelfen. Zwei Jungen stellten nach der Denkschulung mit den Glaces einen Bauchladen mit Cornets und Wasserglaces her. Der Gameshop erweiterte sein Sortiment, da er oft schnell ausverkauft war und beim Parfümladen gab es nun auch Sonnencreme zu kaufen und gratis Werbung zum Mitnehmen. Zudem begannen einige Kinder Kreditkarten herzustellen und mit diesen zu bezahlen, da sie so kein Geld mehr aus ihrer Kasse ausgeben mussten. So kam es, dass der Coop 3
bankrott ging und das Anliegen kam über die Kreditkarten zu sprechen. Im Sachunterricht wurde das Thema aufgegriffen, worauf vier Kinder ein Karteninstitut für unsere Ladenlandschaft planten. Für 30 Fr. konnte eine Karte erworben und ein beliebiger Betrag aufgeladen werden. In den Geschäften mussten die Käufer den Schuldschein unterschreiben, damit die Ladenbesitzer im Karteninstitut den entsprechenden Betrag einfordern konnten. Es war beeindruckend, wie schnell das Spiel funktionierte, wie die Kinder den Überblick über das Geld auf den Karten behielten und bereits Subtraktionen im Tausenderraum durchführten.
Es wurden Headphones gebastelt, über welche sich die Kinder Bescheid gaben, wenn ihr Kartenguthaben aufgebraucht war oder Bestellungen bei den Geschäften aufgaben. Anfangs notierten die Klassenlehrperson und die Studierende während und nach den Spielphasen Beobachtungen zu Lernprozessen und kognitiven Konflikten, die in der Mathematikstunde oder in der Denkschule bearbeitet werden konnten. Bei den letzten Spielstunden bauten wir am Schluss eine kurze Reflexionsrunde ein. So konnten sich die Kinder über den weiteren Spielverlauf, mathematische Konflikte, Fragen und Anliegen äussern. Dies bewirkte nochmals eine Aufwertung der Spielstunden, wie auch der CA - und Mathematiklektionen. 5.2.4. Projektabschluss
Die Kinder wünschten sich, den Eltern ihre Läden zu zeigen und eine Denkschulung mit ihnen durchzuführen. So wurde ein entsprechender Elternanlass organisiert. Eltern, Geschwister und Grosseltern kamen zum Einkaufen in unser Schulzimmer und zeichneten in der Denkschule, geleitet von drei Kindern, Invarianzen. Zum Schluss gab es einen Apéro, der von den Kindern geplant und eingekauft worden war. Literatur (Auswahl)
Adey, P. (Hrsg.). (2008). Let's Think! Handbook. A Guide to Cognitive Acceleration in the Primary School. London: GL assessment. Siehe z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/Kognitive_Akzeleration Buber, M. (1995). Ich und Du. Stuttgart: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH. Derrida, J. (1976). Die Schrift und die Differenz. Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag. Freire, P. (1979). Pädagogik der Unterdrückten. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt. Freire, P. (2008). Pädagogik der Autonomie. Notwendiges Wissen für die Bildungspraxis. Münster:
Waxmann.
Frey, K. (2010). Die Projektmethode. Der Weg zum bildenden Tun (11., neu ausgestattete Aufl.). Weinheim: Beltz Verlag.
Meyer, S. (2006). Das flexible Interview. Verfügbar unter: http://www.interview.hfh.ch/index.htm [15.06.2017]
Nind, M., Curtin, A., Hall, K. (2016). Research Methods for Pedagogy. London: Blumsbury Academic. Pichon-Rivière, E. (2003). El proceso grupal: del psicoanálisis a la psiocologia social I (2a ed.). Buenos Aires: Nueva Visiòn.
Schreiner, C. (2016). Spielend denken, denkend spielen. Mathematisches Spielprojekt zum Themeninhalt "Geld". Unveröffentl. Praxisprojekt, Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik, Zürich. Roth, G., Strüber, N. (2015). Wie das Gehirn die Seele macht (4. Aufl.). Stuttgart: Klett-Cotta. Smith, L. T. (1999). Decolonizing Methodologies. Research and Indigenous People. London: Zed Books Ltd.
4