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Bewerbung mit Behinderung: Was musst du sagen – und was nicht?

Die 5 wichtigsten Infos auf die Schnelle

  • Du bist rechtlich nicht verpflichtet, deine Behinderung in einer Bewerbung oder im Vorstellungsgespräch anzugeben.

  • Arbeitgeber dürfen nur Fragen stellen, die unmittelbar mit der Ausübung der Stelle zu tun haben.

  • Du kannst deine Behinderung erwähnen, wenn am Arbeitsplatz Anpassungen nötig sind – du musst aber nicht.

  • Fragen zu Diagnosen, Medikamenten oder Krankheitsverläufen sind unzulässig und müssen nicht beantwortet werden.

  • Das Behindertengleichstellungsgesetz schützt dich vor Diskriminierung – auch im Bewerbungsprozess.

Menschen mit Behinderung haben es im Bewerbungsprozess schwerer. „Jede vierte Person mit einer Behinderung erfährt Gewalt oder Diskriminierung am Arbeitsplatz.“ Das hat eine Studie des Bundesamts für Statistik herausgefunden.

So darf es nicht sein.

Bei einer Bewerbung zählen Können, Motivation und Persönlichkeit – nicht eine Diagnose. Dennoch stellen sich viele Fragen: Muss ich meine Behinderung angeben? Was dürfen Recruiter:innen überhaupt fragen?

Hier findest du klare Antworten und praktische Tipps – damit du selbstbestimmt und gut vorbereitet bist.

Muss ich meine Behinderung angeben?

Grundsätzlich: Nein. Du bist nicht verpflichtet, Informationen zur eigenen Gesundheit oder Behinderung offenzulegen – auch nicht im Vorstellungsgespräch oder im Lebenslauf.

Ausnahme: Wenn die Behinderung deine Arbeitsfähigkeit stark beeinflusst und Anpassungen nötig sind (z. B. Hilfsmittel, Arbeitszeitmodell), kann es sinnvoll sein, dies frühzeitig anzusprechen. So können Missverständnisse vermieden und passende Lösungen gefunden werden.

Du entscheidest, ob und wann du darüber sprichst.

Was dürfen Personaler:innen fragen – und was nicht?

Erlaubt sind nur Fragen, die direkt relevant für die Ausübung der Stelle sind. Zum Beispiel:

  • „Können Sie diese Tätigkeit mit den vorgesehenen Arbeitsmitteln ausführen?“

  • „Sind besondere Vorkehrungen nötig für den Arbeitsplatz?“

Nicht erlaubt sind Fragen wie:

  • „Was genau haben Sie für eine Behinderung?“

  • „Wie oft sind Sie krank?“

  • „Nehmen Sie Medikamente?“

Solche Fragen musst du nicht beantworten – auch nicht indirekt.

Woran erkenne ich einen inklusiven Arbeitsplatz?

Ein inklusiver Arbeitsplatz bedeutet mehr als Rampen und ergonomische Stühle. Es geht um Haltung: Offenheit, Respekt und die Bereitschaft, Barrieren abzubauen – auch die unsichtbaren.

Diese Anzeichen sprechen für echte Inklusion:

  • Stellenausschreibungen, die Vielfalt ansprechen

  • Klare Hinweise auf Barrierefreiheit oder flexible Arbeitsmodelle

  • Ein wertschätzender Umgang im Bewerbungsgespräch – unabhängig von Einschränkungen

  • Mitarbeitende mit verschiedenen Hintergründen und Fähigkeiten

  • Offenheit für Anpassungen ohne komplizierten Aufwand

💡 Tipp: Du kannst im Gespräch ruhig nachfragen:

„Wie steht Ihr Unternehmen zum Thema Inklusion und Diversität?“
„Gibt es bei Ihnen bereits Erfahrungen mit Arbeitsanpassungen?“

Solche Fragen helfen herauszufinden, ob du dich dort wohlfühlen wirst.

Und jetzt: Behinderung direkt ansprechen oder nicht – was spricht dafür?

Offenheit kann helfen:

  • Wenn Anpassungen nötig sind (z. B. barrierefreier Arbeitsplatz)

  • Wenn du in einem inklusiven Unternehmen arbeiten möchtest

  • Wenn du deine Stärken mit dem Umgang deiner Behinderung verbinden willst

Aber: Du musst nichts preisgeben, das nicht für die Stelle relevant ist.

Wie kannst du deine Situation formulieren?

Wenn du deine Behinderung ansprechen möchtest, gilt: Kurz, klar, lösungsorientiert. Zwei Beispiele:

Im Lebenslauf oder Anschreiben:
„Aufgrund einer körperlichen Einschränkung arbeite ich mit einem ergonomischen Arbeitsplatz. Alle Tätigkeiten kann ich problemlos ausführen.“

Im Gespräch:
„Ich habe eine Hörbeeinträchtigung und nutze ein Gerät. Telefonate und Meetings funktionieren für mich gut – eventuell ist ein Headset hilfreich.“

Vermeide medizinische Begriffe oder lange Erklärungen. Konzentriere dich auf das, was möglich ist.

Du hast Rechte – nutze sie

Das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) schützt dich vor Diskriminierung. Auch deine Angaben unterliegen dem Datenschutz: Sie dürfen nicht ohne deine Zustimmung weitergegeben werden.

Bei Unsicherheiten helfen Stellen wie:

  • Pro Infirmis

  • Inclusion Handicap

  • SECO – Arbeitsrecht

Fazit: Du entscheidest

Ob du über deine Behinderung sprichst oder nicht: Es ist deine Entscheidung. Beides ist legitim. Wichtig ist, dass du dich im Bewerbungsprozess sicher und respektiert fühlst.

Kein Kommentar! – Fragen, die im Bewerbungsgespräch nicht gestellt werden dürfen Mehr Erfahren

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