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Mentale Gesundheit beeinflusst Leistung und Wohlbefinden am Arbeitsplatz

Arbeit soll nicht nur den Lebensunterhalt sichern, sondern auch Freude und Erfüllung bringen. Du kommst in Kontakt mit anderen Menschen und erfüllst dein Bedürfnis nach sozialer Gemeinschaft. Du bekommst Anerkennung für das, was du leistest und bist bemüht, über dich hinauszuwachsen. Du kannst dich entfalten und bist aktiv. Es ist bekannt, dass Arbeit positiv auf das Wohlbefinden wirkt oder wirken kann. «Kann» aus dem Grund, weil auch die gegenteilige Wirkung möglich ist. Arbeit kann belasten und psychisch krank machen, was sich mitunter sogar in einer körperlichen Erkrankung äussert. Arbeitspsychologen und Betriebsärzte sehen die moderne Arbeitswelt als Achillesferse des Menschen, die seine Leistungsfähigkeit im Allgemeinen sowie die psychische Gesundheit im Besonderen einschränken kann.

Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz: Ein wichtiges Thema

Die «AXA Mind Health Study» zeigte jüngst, dass die Schweizer:innen ihre mentale Gesundheit für deutlich besser halten als die Befragten in anderen Ländern. Depressionen, Stressempfinden und Angstzustände sind zahlenmässig rückläufig, dennoch ist jede:r vierte Schweizer:in von psychischen Gesundheitsproblemen betroffen. Bei der Auswertung der Studie fiel auf, dass der Arbeitsplatz auf Schweizer Angestellte ähnlich grosse Auswirkungen wie das Privatleben haben kann. Diejenigen Angestellten, die sich psychisch angeschlagen fühlen, berichten von diesen Beschwerden:

  • Schlafstörungen (47 Prozent)
  • Konzentrationsschwierigkeiten (39 Prozent)
  • Stress und Angstzustände (33 Prozent)
  • Gefühl der Wertlosigkeit (33 Prozent)
  • Essstörungen und mangelnder Appetit (24 Prozent)

Um Abhilfe zu schaffen, möchte sich rund ein Drittel der Befragten weniger stark auf der Arbeit engagieren, mehr als ein Fünftel möchte sich eine andere Stelle suchen. Mental sind vor allem jüngere Arbeitnehmer:innen betroffen und fühlen sich stark belastet.

Vor diesem Hintergrund zeigt sich, warum das Thema «mentale Gesundheit» von derart grosser Bedeutung ist. Psychisch gesunde Mitarbeiter:innen sind motivierter und leistungsfähiger, sie sind dem Arbeitgeber gegenüber loyaler und glänzen mit innovativen Ideen. Krankschreibungen und Fluktuationen sind seltener, was dem Unternehmen zugutekommt. Arbeitgeber tun daher gut daran, für die psychische Gesundheit und mentale Stärke ihrer Angestellten zu sorgen.

An diesen Anzeichen wird eine zu hohe Belastung im Beruf sichtbar

Dass sich eine tatsächliche körperliche Erkrankung aufgrund einer psychischen Belastung zeigt, ist das Ende der Fahnenstange. Weitaus früher reagiert der Körper mit den ersten Symptomen, die unbedingt ernst genommen werden sollten. Wer bei den ersten Alarmsignalen richtig reagiert, kann die Abwärtsspirale noch stoppen! Die folgenden Anzeichen sprechen dafür, dass die psychische Belastung im Beruf zu gross ist:

  • Du kannst auch in der Freizeit nicht mehr abschalten.
  • Du benötigst für die gleichen Aufgaben länger als früher, weil du dich nicht mehr konzentrieren kannst.
  • Du vernachlässigst Verwandte, Freunde und Hobbys zugunsten deiner Arbeit.
  • Du fühlst dich zu erschöpft, um dich in Gesellschaft anderer Menschen wohlzufühlen.
  • Du fühlst dich häufig ausgelaugt, kannst gleichzeitig aber nicht ausruhen oder schlafen.
  • Du bist vergesslich.
  • Du bist gereizt und nervös, bei zusätzlichem Stress reagierst du anderen gegenüber ungerecht.
  • Du ärgerst dich masslos über Kleinigkeiten.
  • Du grübelst auch nachts über die Arbeit oder über Probleme im Beruf nach.
  • Du konsumierst Substanzen, die dich wach halten sollen oder die dir beim Schlafen helfen.

Du hast einige oder sogar den Grossteil dieser Fragen mit einem klaren «Ja» beantwortet? Dann ist es höchste Zeit, deine mentale Gesundheit zu stärken. Nicht nur für eine neue Leistungsfähigkeit im Beruf, sondern für mehr Lebensfreude und Gesundheit.

Stichwort Stressmanagement: So reduzierst du Stress am Arbeitsplatz effektiv

Der Mensch ist durchaus in der Lage, Stress zu bewältigen. Das Problem ist auch nicht der kurzzeitige Stress, der durch besondere Situationen entsteht. Schwierig und vor allem gesundheitsschädlich ist chronischer Stress, bei dem Körper und Geist keine Möglichkeit zum Abschalten und Ausruhen bekommen. Zur Erklärung: Der Körper schüttet bei Stress einen Hormoncocktail aus, der zusätzliche Kräfte bereitstellt und der dich zu Höchstleistungen befähigt. Früher einmal war das sinnvoll, denn Adrenalin und Noradrenalin entschieden darüber, ob der Urzeitmensch schnell genug davonlaufen konnte, wenn es gefährlich wurde. War die Gefahrensituation vorüber, konnte auch die Hormonproduktion wieder auf ein Normalmass gesenkt werden, der Körper entspannte sich. Heute hingegen hetzen wir von einer Stresssituation in die nächste, stehen ständig unter Strom und haben Deadlines, Meetings und ausstehende Aufgaben im Kopf. Chronischer Stress aber bewirkt, dass der natürliche Regulationsmechanismus nicht mehr funktioniert und wir anfällig für physische und psychische Erkrankungen werden. Demenz, Bluthochdruck, Rückenschmerzen und Depressionen können die Folge sein. Ein gekonntes Stressmanagement ist wichtig und kann den Stress am Arbeitsplatz reduzieren.

Fläze dich nicht auf das Sofa, um auszuruhen, sondern versuche es mit aktiver Erholung. Geh spazieren, schwimmen, treib Sport, mach Yoga oder such dir ein neues Hobby. Manchmal ist dies anstrengend und der innere Schweinehund protestiert vehement gegen dieses Vorhaben. Überwinde ihn einfach und du wirst dich deutlich frischer fühlen. Tipp: Versuche, Pausen am Arbeitsplatz aktiv zu verbringen und nicht am Schreibtisch sitzend und auf den Bildschirm starrend.

Wichtig ist zudem, stressige Situationen zu erkennen und diese neu zu handhaben. Dein Vorgesetzter ist ein Choleriker? Lass seine verbalen Ausbrüche nicht an dich herankommen, sondern versuche lieber herauszufinden, warum diese deine Kollegin nicht stören. Wie schafft sie es, über das Gebrüll hinwegzusehen? Nutze dafür auch die Techniken verschiedener Entspannungsverfahren und lerne, dir ein «dickes Fell» wachsen zu lassen. Frei nach dem Motto: Wenn sich der Chef ausgetobt hat, kann die Arbeit sinnvoll weitergehen – abwarten und ruhig bleiben.

Finde deine Work-Life-Balance und ziehe gesunde Grenzen

Was am wichtigsten ist: Du musst lernen, Prioritäten zu setzen. Dieser altbekannte und häufig gehörte Spruch verhindert, dass du vor lauter Arbeit nicht mehr weisst, wie dein Zuhause aussieht und was deine Freunde machen. Du musst wissen, was deine Pflichten im Büro sind und welche Ziele es zu erreichen gilt. Setze dafür die nötige Energie ein, aber verschwende sie nicht für unnötige Projekte oder Dinge, die dich eigentlich weder etwas angehen noch dich weiterbringen. Lerne, Grenzen zu ziehen! Zudem helfen die folgenden Tipps dabei, eine gesunde Work-Life-Balance zu finden:

  • Lerne, «nein» zu sagen.
  • Lerne, dass nicht immer alle Dinge zu 100 Prozent perfekt sein können.
  • Finde heraus, ob die Kollegen tatsächlich so ablehnend auf ein Nein von dir reagieren wie befürchtet (Tipp: Das tun sie in der Regel nicht!).
  • Finde einen Ausgleich in deiner Freizeit.
  • Mache regelmässige Pausen und feste Auszeiten, in denen die Arbeit keine Rolle spielt.
  • Gönn dir Tagträume und genügend Schlaf. Ersteres auch gern in der Pause im Büro, Letzteres besser daheim.

Psychische Gesundheitsthemen im Büro ansprechen: Wie sag ich’s bloss meinem Chef?

Wenn bereits gesundheitliche Beschwerden vorliegen, ist es höchste Zeit, diese aktiv anzugehen. Versuche, deinen Chef einzubeziehen, denn er ist es, der deine geringe Leistungsfähigkeit oder einen gesunkenen Leistungswillen mitbekommen wird. Versuche, mit ihm (oder ihr) über deine mangelnde Energie zu sprechen und taste dich dabei langsam vor. Beobachte die Reaktionen. Sie werden dir verraten, wie dein:e Vorgesetzte:r zum Thema «mentale Gesundheit» steht. Im besten Fall reagiert er oder sie wertfrei und unterstützend. Nun kann es folgendermassen weitergehen: a) Du hast den Eindruck, dass dein:e Vorgesetzte:r kein Verständnis hat und vielleicht sogar diskriminierend werden könnte. Lass dich arbeitsrechtlich beraten und gehe notfalls zum Arzt, um dich krankschreiben zu lassen. Nutze die Zeit der Krankschreibung, um dich psychologisch beraten zu lassen. b) In einem Gespräch mit dem/der Vorgesetzten kann deine persönliche Situation besprochen werden. Sucht gemeinsam nach Lösungswegen und Entlastungen für dich. Im besten Fall bieten Vorgesetzte in einer solchen Situation aktive Hilfe durch Umsetzungen, Arbeitsentlastungen oder Seminare zum Stressmanagement an.

Neue Ressourcen ausschöpfen: Hier findest du Unterstützung und Hilfe

Ein Gespräch mit Verwandten oder Freunden kann bereits Lösungswege aufzeigen. Auch die Kommunikation mit Kollegen und den Vorgesetzten ist wichtig. Bestehen bereits psychische Probleme, kann eine Behandlung beim Facharzt aus dem psychiatrisch-psychologischen Bereich angezeigt sein. Eventuell ist die IV die richtige Anlaufstelle: Bist du länger als 30 Tage krankgeschrieben oder fehlst du über längere Zeit immer wieder, ist eine Meldung bei der IV zur Früherfassung sinnvoll. Nun kann die IV prüfen, welche Unterstützungsmöglichkeiten für dich bestehen, damit du langfristig im Arbeitsprozess verbleiben kannst. Eventuell kommt die Leistungskrankschreibung infrage, die noch als neueres Instrument gilt. Hierbei arbeitest du nur zu 50 Prozent, wobei dein Pflichtenheft entsprechend angepasst werden muss. Die Belastung muss nachweislich reduziert werden!

Vorbeugen ist besser als heilen: Strategien zur Stärkung deiner mentalen Widerstandsfähigkeit

Um die mentale Widerstandsfähigkeit zu stärken, sind verschiedene Strategien sinnvoll. Experten sprechen hierbei von der zu erlernenden «Resilienz». Diese wird vor allem mit einem gestärkten Selbstbewusstsein erreicht, was wiederum aus positiven Erlebnissen resultiert. Lerne, auch in Krisen etwas Positives zu sehen und bleibe stets lösungsorientiert. Nicht fragen: «Warum muss das ausgerechnet mir passieren?», sondern eher: «Wie kann ich diese Herausforderung lösen und wie macht sie mich stärker?». Bleibe optimistisch und akzeptiere Dinge, die du nicht ändern kannst. Baue Netzwerke auf, die dir beruflich und privat helfen, dich auffangen und mit denen sich die Zukunft planen lässt. Zudem sind diese Strategien hilfreich, um die mentale Widerstandsfähigkeit zu verbessern:

  • Halte Erfolgsmomente so fest, dass du sie jederzeit wieder nachlesen oder anschauen kannst.
  • Blicke auf Erfolge – auch auf solche, die aus der Bewältigung einer Krise resultieren.
  • Nimm dir regelmässig Auszeiten.
  • Setze dich selbst häufiger in den Mittelpunkt und sorge für dich durch eine gute Ernährung, ausreichend Schlaf und viel Bewegung.
  • Liste Aufgaben auf und hake diese nach und nach ab. Tipp: Anspruchsvolle Aufgaben kommen ans Ende der Liste!
  • Pflege deine Netzwerke.
  • Bleib dir selbst treu und sei stets authentisch.

Das können Unternehmen für die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter tun

Der Arbeitgeber hat einen grossen Anteil an der psychischen Gesundheit der Mitarbeiter:innen, daher muss er ihnen vor allem Sicherheit durch klare Kommunikation und Offenheit sowie eine wertschätzende Fehlerkultur geben. Mitarbeiter benötigen Vertrauen und sollen Verantwortung übernehmen – sie müssen sich wertgeschätzt fühlen. Darüber hinaus ist es Sache der Vorgesetzten, für eine adäquate Belastung zu sorgen. Mitarbeiter:innen sollten diesbezüglich einen gewissen Handlungsspielraum bekommen und sich nicht unter Druck gesetzt fühlen. Motivation wirkt besser und vor allem positiv auf die mentale Gesundheit. Zum Klima der Offenheit im Unternehmen gehört zudem die Möglichkeit, über Belastungen sprechen zu können, ohne Diskriminierung oder eine Kündigung fürchten zu müssen. Ein fairer, klarer und toleranter Führungsstil sorgt dafür, dass sich die Angestellten wohlfühlen und mentale Beschwerden geringer werden.

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