Job Coach > Good News für ältere Jobsuchende – Interview mit Nicole Hasenmaile

Good News für ältere Jobsuchende – Interview mit Nicole Hasenmaile

Gerade für ältere Menschen ist die Arbeitssuche oft frustrierend. Dass aber auch nicht nur die jüngeren Generationen Erfolg am Jobmarkt haben können und dass es vor allem gute Nachrichten für 50+ gibt, darüber berichtet uns Nicole Hasenmaile von Coaching Complet im Interview.

Mathias Steger: Warum ist die Arbeitssuche für Ü50 oft so schwierig?

Nicole Hasenmaile: Das hat verschiedene Gründe. Einerseits bewerben sich ältere Jobsuchende noch auf traditionelle Weise. Sie sind noch nicht vertraut mit Algorithmen und Onlinebewerbungen. Dann gibt es andererseits viele negativen Schlagzeilen über Schwierigkeiten, nach 50 noch eine Stelle zu finden. Letztlich kommt es aber auch vor, dass Firmen nicht gewillt sind, Menschen ab einem gewissen Alter noch einzustellen.

Wie unterscheidet sich das Bewerbungsverhalten von älteren Arbeitssuchenden im Vergleich zu jüngeren Generationen?

Im Vergleich zu den jüngeren Arbeitssuchenden sind älteren Arbeitssuchende weniger mit den neuen Bewerbungsmethoden vertraut. Ausserdem denke ich, dass das Selbstbewusstsein bei älteren Generationen nicht so stark ist und sie oft mit dem Gefühl eine Bewerbung angehen, dass sie sowieso wieder eine Absage erhalten. Jüngere Leute treten oft mit einem natürlichen Selbstbewusstsein auf.

Kann es im Job zu einem Generationenkonflikt kommen und wie kann diesem gegengesteuert werden?

Es kann in der Tat zu einem Generationenkonflikt kommen. Diesem steuert man bspw. entgegen, indem auf die Ü50-Generation mit ihrem grossen Erfahrungsschatz und auch Hintergrundwissen zur Digitalisierung, die sie schon seit den 1980er Jahren mitverfolgte, zurückgreift. Der jüngeren Generation fällt in der Regel die Anwendung neuer Technologien viel einfacher und sie findet sich schneller zurecht. Wenn eine Firma es also versteht, intergenerationelle Teams zusammenzustellen und die Erfahrung der Dienstälteren und die Anwendungskenntnisse der jüngeren Mitarbeitenden zusammenzubringen, dann kann das ein grosses Potenzial mit viel Mehrwert für die Firma sein.

Wie kann es einem Unternehmen gelingen, ein intergenerationelles Team aufzubauen?

Indem man das Know-how zusammenbringt und die Toleranz sowie Akzeptanz fördert. Die Praxis hat gezeigt, dass auch die ältere Generation offen ist, von der jüngeren zu lernen und umgekehrt. Wenn eine solche Kultur von der Firma getragen und begleitet wird, dann kann das zu einem grossen Erfolg führen.

Sie sprechen von Good News für die Generation 50+. Was sind diese guten Nachrichten?

Wir werden in der Schweiz einen grossen Fachkräftemangel verzeichnen und werden in Zukunft vermehrt auf die ältere Generation zurückgreifen.

Nicole Hasenmaile

2020 werden schon ca. 20’000 Personen mehr in die Pension gehen als neue Arbeitskräfte auf den Arbeitsmarkt kommen. Darum ist es auch wichtig, dass Firmen in die Weiterbildung und Umschulung ihrer älteren Mitarbeitenden investieren.

Haben Sie Erfolgsbeispiele von älteren Jobsuchenden, die wieder einen Job gefunden haben?

Ich habe zwei konkrete positive Beispiele von einer Dame und einem Herrn, die erfolgreich wieder eine Stelle gefunden haben. Die Dame ist 53 Jahre alt und alleinerziehend. Durch die Fitmachung des Bewerbungsprozesses, also neue Gestaltung des Lebenslaufs, Beachtung von Algorithmen, Aufbesserung des Social-Media-Profils und vor allem durch die Nutzung ihrer persönlichen Kontakte, hat sie eine Stelle gefunden; nicht nur irgendeine Stelle, sondern eine, die sie sich wirklich gewünscht hat. Das andere Beispiel ist ein 60-jähriger Herr, der durch eine Reorganisation seine Stelle verlor. Er war aber offen für neue Bewerbungstrends, war sehr agil und hat sich auch immer weitergebildet. Nach einigen Monaten ist es ihm dann gelungen mit Hilfe moderner Anwendungs-Tools eine neue Stelle zu finden. Und das mit 60!

Jobsuche im Alter – eine Erfolgsstory Mehr Erfahren

Wird auch von älteren Stellensuchenden erwartet, dass sie Social-Media-Profile und ein dem digitalen Zeitalter angepasstes Bewerbungsdossier haben?

Ja, dem kann man nicht mehr entgehen. Wenn man im Arbeitsleben weiter erfolgreich sein möchte, dann muss man auch einen guten Social-Media-Auftritt haben. Wir wissen, dass sich die Arbeitswelt stark verändert. Wen man sich dem verweigert, riskiert man, so den Anschluss zu verlieren. Besonders für Leute über 50 ist es wichtig, auf dem aktuellsten Stand zu bleiben.

Welche Rolle spielt Networking bei der Jobsuche und vor allem bei älteren Jobsuchenden?

Networking ist heute zentral. Ca. 70% der Stellen werden über Networking vergeben. Gerade da ist die ältere Generation im Vorteil, da sie schon länger im Arbeitsleben ist und in der Regel ein grösseres und breiteres Netzwerk hat.

Nicole Hasenmaile

Zwar sind sie es vielleicht nicht mehr gewohnt es aktiv zu nutzen, denn gerade für diese Generation ist es nicht so üblich, dass man über einen Kontakt einen Job bekommt, aber es ist wichtig, dass sie es nutzen und reaktivieren. Ausserdem sollte man sich nicht davor scheuen, auch auf Personen zuzugehen, mit denen man über Jahre keinen Kontakt mehr hatte. Denn das Netzwerk ist gerade für ältere Arbeitssuchende das A und O.

Networking – jeder kann’s! Mehr Erfahren

Wie kann man gut netzwerken?

Natürlich über Social Media, via Mail oder ganz konkrete Networking-Events. Im Internet findet man dazu verschiedene Plattformen, um einzusehen, wo solche Events stattfinden. An solche Events sollte man mit einer professionell gestalteten Visitenkarte gehen und sich präsentieren. Hier ist aber die Qualität der Events wichtig. Geht es um spannende und innovative, berufsbezogene Themen und kann ich dort interessante Leute treffen? Für Introvertierte kann es hilfreich sein, mit jemandem hinzugehen, der als Eisbrecher fungieren könnte. Ausserdem ist nicht zu vergessen, dass es überall Netzwerke gibt: in der Familie, über Freunde, Sport, Alumni-Organisationen – und sogar auf dem Spielplatz.

Ähnliche Beiträge

Bewerben mit über 50 – Interview mit einem Experten
Über 50 und arbeitslos – vom Abstellgleis wieder in den Arbeitsmarkt