Job Coach > Behinderungen im Bewerbungsprozess angeben? Was dürfen Personaler dazu fragen, was nicht?

Behinderungen im Bewerbungsprozess angeben? Was dürfen Personaler dazu fragen, was nicht?

Manche Arbeitgeber tendieren dazu, Bewerbenden mit einer Behinderung nicht die gleichen Chancen auf einen Job anzubieten. Dahinter verbergen sich häufig Vorurteile. Sollten Betroffene deshalb eine mögliche Behinderung lieber verschweigen? Was ist dabei abzuwägen? Wie ist die Rechtslage?

In der Regel suchen sich Betroffene einen Beruf für sich aus, der ihre Leistungsfähigkeit nicht oder kaum einschränkt. Im Vergleich zu andern Ländern existieren in der Schweiz keinerlei Pflichten zur Beschäftigung behinderter Mitarbeiter(innen). Sollen nun Betroffene ihre Behinderung im Bewerbungsschreiben angeben oder dann im Gespräch oder besser gar nicht ansprechen?

Behinderung im Bewerbungsprozess angeben?

Die Beantwortung der Frage ist häufig sehr schwierig. Es gibt verschiedene Meinungen, ob eine Behinderung überhaupt in einem Bewerbungsschreiben erwähnt werden soll. Eine Pauschallösung zu dieser Frage gibt es nicht. Viele Betroffene entscheiden sich allerdings dagegen und thematisieren daher ihre Behinderung im Anschreiben nicht offen. Meist aus Furcht vor möglichen negativen Folgen. Eines muss aber klar sein: Du musst dein Handicap nicht ansprechen! Es sei denn, deine Behinderung bzw. Krankheit hat für den angestrebten Job irgendwelche direkten Auswirkungen oder wäre in irgendeiner Form ansteckend.

Sollte das Handicap offensichtlich sein und sollten an die Aufgaben der Stelle besondere Qualifikationen geknüpft sein, die sich dadurch schmälern, darfst du es vor dem Arbeitgeber nicht verschweigen. Daher thematisieren viele Betroffene ihre Behinderungen im Anschreiben insbesondere dann nicht, wenn es sich nicht um eine sichtbare Behinderung bzw. chronische Erkrankung handelt.

In der Bewerbung überzeugen

Ob deine Bewerbung erfolgreich ist oder nicht, hängt nicht nur von der Einstellung deines zukünftigen Arbeitgebers ab, wie er zu deiner Behinderung steht. Auch du selbst kannst natürlich viel dazu beitragen, dass deine Bewerbung ihn überzeugt. Das beginnt schon bei der Jobsuche. Von welchen Arbeitgebern weisst du oder kannst du in Erfahrung bringen, dass sie Behinderten gegenüber positiv eingestellt sind und gegebenenfalls barrierefreie Räumlichkeiten bieten können? Beispielsweise zählen dazu eher grössere Unternehmen und Behörden.

Lege Wert darauf, dass du in deinem Bewerbungsschreiben deine Stärken in den Mittelpunkt rückst. Im Prinzip musst du alles berücksichtigen, was sonst auch für vollständige und überzeugend geschriebene Bewerbungsunterlagen gilt. Das heisst, du musst klarlegen, warum gerade du dich für die ausgeschriebene Stelle eignest und du für den betreffenden Arbeitgeber gerne arbeiten möchtest.

Interview vorbereiten

Hast du erstmal die erste Runde geschafft und wirst zu einem Vorstellungsgespräch bzw. Interview eingeladen, empfiehlt es sich nun, eine sichtbare Behinderung offen zu legen. Am besten rufst du in der Personalabteilung an, bedankst dich für die Einladung zum Interview und bestätigst den vorgeschlagenen Termin. Dabei erwähnst du auch deine Behinderung. Falls notwendig, bittest du um eine Organisation der Anreise, etwaige Hilfsmittel etc.

Bist du zum Beispiel auf einen Rollstuhl angewiesen, empfiehlt es sich, den Arbeitgeber vor dem Vorstellungsgespräch darüber in Kenntnis zu setzen. Schon allein deswegen, weil die Räumlichkeiten beim Arbeitgeber nicht immer barrierefrei umgebaut sind. Diese Vorgehensweise hat verschiedene Vorteile: Erstens demonstrierst du damit nicht nur ein selbstbewusstes Auftreten, sondern auch ein Signal der Lösungsorientierung. Denn du agierst souverän und zeigst, dass du die Abläufe beherrschst. Auf diese Weise wirkst du professionell und baust eventuelle Unsicherheiten bei den Personalern ab.

Bedenke dabei, dass sich der Arbeitgeber überrumpelt fühlen könnte, wenn du ihn ohne Vorwarnung mit einer sichtbaren Behinderung konfrontierst. Erfahrungsgemäss sind nicht wenige Arbeitgeber mit einer solchen Situation heillos überfordert! Zudem könnten Personaler dich mit der Frage konfrontieren, wieso du die Behinderung verschwiegen hast und was du vielleicht sonst noch verschweigst. Bedenke dabei: Hast du jedoch den Arbeitgeber rechtzeitig informiert und alles geregelt, gehst du auch mit einem guten Gefühl in das Gespräch und niemand wird unangenehm überrascht.

Behinderung im Jobinterview zur Sprache bringen

Falls du dich also dazu entschieden hast, deine Behinderung in der Bewerbung oder vorab am Telefon zu erwähnen, kannst du sie im Interview nochmal kurz ansprechen und in aller Kürze etwaige Vorurteile ausräumen. Kleiner Tipp: Präsentiere dich als leistungsorientierte(n) und motivierte(n) Bewerber*in, der/die alle erforderlichen Qualifikationen für die ausgeschriebene Stelle mitbringt. Zeige damit auf, dass dich deine Behinderung bei der Arbeit nicht einschränken kann und der Arbeitgeber auch nichts dergleichen befürchten muss, wenn er sich für dich entscheiden sollte.

Bitte beachte: Falls du trotzdem nicht über deine Behinderung sprechen willst und dich die Personaler zu etwaigen Handicaps befragen, musst du diese Fragen von Rechts wegen nicht beantworten. Das gleiche gilt übrigens auch bei Impfungen. Solltest du dazu genötigt werden, kannst dich mit Notlügen aus der Affäre ziehen oder dich grundsätzlich weigern, die Fragen zu beantworten. Überlege dir aber, ob ein solcher Schachzug tatsächlich clever für dich wäre, weil du dir so die Chance vergibst, darlegen zu können, warum deine Behinderung dich eben nicht in dem angezeigten Tätigkeitsfeld einschränken wird. Zudem kann deine Weigerung, diese Fragen zu beantworten, natürlich auch negativ aufgefasst werden und es wahrscheinlicher machen, dass dir ein Konkurrent vorgezogen wird. Am besten gibst du deiner Behinderung im Bewerbungsgespräch nur so viel Raum, wie unbedingt nötig.

Kein Kommentar! – Fragen, die im Bewerbungsgespräch nicht gestellt werden dürfen Mehr Erfahren

Fazit

Deine persönlichen Einschränkungen müssen im Prinzip weder im Lebenslauf noch im Interview erwähnt werden. Jedoch solltest du, sofern für den Job relevant, Auswirkungen deiner Behinderung sachlich thematisieren. Kleiner Tipp: Unterbreite aber gleichzeitig Lösungsmöglichkeiten wie beispielsweise gut funktionierende Hörapparate oder Spezialbeleuchtungen.

Ähnliche Beiträge

Prüfungsangst im Job: Ein Leitfaden für selbstsichere Auftritte
Wie finde ich einen Job mit Bedeutung?