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Jobsuche 4.0 – so verändert sich der Bewerbungsprozess

Bereit für die Jobsuche 4.0? Neue digitale Trends machen auch vor der Jobsuche nicht Halt und verändern den Bewerbungsprozess. Wir haben Viola Christen, Job-Coach und Personalexpertin, dazu interviewt, wie das Bewerbungsdossier fit für die Ansprüche der Zukunft gemacht werden kann.




Mathias Steger: Sie sprechen von Jobsuche 4.0. Was verstehen Sie darunter genau?

Viola Christen: Jobsuche 4.0 ist ein Schlag- und Trendwort. Ich möchte kurz erläutern, warum wir von 4.0 sprechen und einen Blick in die Vergangenheit werfen. Nach der industriellen Revolution und der Erfindung der Dampflokomotive (1.0) kam die Glühbirne (2.0), darauf folgte das Internet (3.0), und nun befinden wir uns im digitalen Zeitalter, welches unsere Arbeitswelt erreicht hat (4.0). Dies tangiert somit die Jobsuche, welche sich in den nächsten zehn Jahren ziemlich verändern wird.

Was verändert sich durch die Jobsuche 4.0?

Einerseits wird sich die digitale Welt weiterentwickeln, das heisst, der technologische Fortschritt wird weiterhin rasant voranschreiten. Die Jobsuche wird somit digitaler, mobiler, vernetzter und gleichzeitig ist zu erwarten, dass sie smarter wird.

Andererseits wird sich die analoge Welt mitverändern. Eine Jobsuche ist eine wichtige menschenbezogene Angelegenheit, die nicht nur digital erfolgen kann. Deshalb wird die analoge Welt parallel dazu wichtiger, so dass Stellensuchende zunehmend Unterstützung durch einen professionellen Job-Coach aufsuchen. Dieser kennt den verdeckten Arbeitsmarkt, verfügt über ein Netzwerk und weiss über die Fallstricke bei der Stellensuche Bescheid.

Sie sagen, die Jobsuche wird digitaler. Was bedeutet das für die Jobsuchenden?

Jobsuchende müssen sich digital fitter machen. Zum Beispiel indem sie ihre digitale Präsenz im Internet erhöhen. Ausserdem kann es sein, dass Bewerbende bereits vor dem Vorstellungsgespräch mit künstlicher Intelligenz (KI) konfrontiert werden. Diese trifft durch Stimm-, Gesichts-, Schrift- und Spracherkennung eine Vorselektion. Entsprechende IT-Programme gibt es bereits auf dem Markt. Wohl noch nicht ganz ausgereift, jedoch ist es eine Frage der Zeit, bis Firmen diese Möglichkeiten nutzen. Besonders bei Grossunternehmen, die viel Personal rekrutieren, macht dies Sinn.

Wie kann künstliche Intelligenz bei der Jobsuche eingesetzt werden?

Im Silicon Valley wurde bereits erforscht, dass KI aufgrund von mehreren Merkmalen Aussagen über Charakter und Verhalten eines Bewerbenden treffen kann. Es ist vorstellbar, dass Stellensuchende zukünftig mit KI konfrontiert werden. Deshalb ist es wichtig, dass Kandidaten nicht eingeschüchtert werden, sich ihren Kompetenzen und Fähigkeiten bewusst sind und bei einer Absage genauer nachfragen.

Welche Rolle spielt der technologische Fortschritt?

Die Notwendigkeit der digitalen Präsenz wird durch die sozialen Medien im Netz weiter erhöht. Bewerbende sollten solche Plattformen nutzen. Denn mit den neuen technologischen Entwicklungen wird es möglich sein, die Daten im Netz miteinander zu verbinden und auszuwerten. Es ist vorstellbar, dass Blockchain im Recruiting Einzug hält. Dadurch werden Bewerberdaten vernetzt und transparenter. Dies wiederum hat zur Folge, dass „schöngefärbte“ Lebensläufe an Glaubwürdigkeit verlieren.

Was verstehen Sie unter einer smarteren Jobsuche?

Eine smarte Jobsuche bedeutet, dass der Rekrutierungsprozess vereinfacht wird. Bei gewissen Vakanzen, wo es schwierig ist Personal zu finden, macht es Sinn, auf das Motivationsschreiben zu verzichten und den Personalgewinnungsprozess zu überdenken. Ich denke insbesondere an Berufsfachleute aus der Pflege, dem Handwerk und Gastgewerbe. Gerade im Gesundheitswesen, vor allem in der Pflege, herrscht seit Jahren ein Mangel an Arbeitskräften, welche sich durch die baldige Verabschiedung der Babyboomer-Generation aus dem Arbeitsleben zuspitzen wird. Hochrechnungen von Ökonomen besagen, dass in den kommenden zehn Jahren rund 1,1 Millionen Menschen vom Arbeitsmarkt verschwinden werden.

Pflegebereich

Heisst das, dass die Jobsuche einfacher wird?

Nein, nicht direkt. Der Rekrutierungsprozess gestaltet sich zukünftig einfacher und effizienter. Ich meine damit nicht, dass man schneller einen Job erhält. Stellensuchende müssen dennoch ihre Hausaufgaben machen und sich ständig weiterbilden und erkennen, welche Kompetenzen in der Arbeitswelt 4.0 wichtig sind. Ich denke hier nebst der digitalen Kompetenz an Agilität, Kreativität sowie Selbstmanagement.

Viola Christen ist Gründerin und Inhaberin von Christen Human Resources Management. Als Personalmanagerin und Job-Coach bietet sie Personaldienstleistungen für KMU, Grossunternehmen und Einzelpersonen an. Der Firmensitz befindet sich in Meilen (ZH) und es gibt eine weitere Filiale in Braunwald (GL).

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