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Karriereplanung der Zukunft – deine Laufbahn im Zeitalter 4.0

Mit der Industrie 4.0, der vierten Industriellen Revolution, verändert sich die Arbeitswelt stark. Viele Jobs, die es heute noch gibt, wird es durch die Automatisierung, die die Industrie 4.0 mit sich zieht, in Zukunft nicht mehr geben. Entsprechend unsicher wird die Gestaltung der eigenen Zukunft oder Karriere. Am NEO-Network Anlass in Winterthur gab es deshalb eine Keynote von Marco Abele, Berater im Bereich digitaler Transformation und ehemaliger Chief Digital Officer der Credit Suisse. Dabei zeigte Abele auf, wie sich die Karriereplanung in Zukunft verändern wird und was für Einsteiger in die Arbeitswelt wichtig sein wird.

Ben Seiler: Früher hatte man einen Job für sein ganzes Leben, wird das in Zukunft auch so sein?

Marco Abele: Nein, zukünftig ist es wahrscheinlich, dass die Menschen drei Jobs gleichzeitig haben. Für den ersten Job werden dann vielleicht 30%, für den zweiten 50% und für den dritten die restlichen 20% eingesetzt. Das wird man dann aber auch flexibel managen können – und zwar über Jahre. Dann wird es auch möglich sein, eine Weltreise zu machen und nebenbei mit einem 60%-Pensum zu arbeiten.

Stichwort Digital Nomads…

Genau! Das wird es immer mehr geben. Man möchte die Welt sehen, solange sie noch schön ist. Gleichzeitig will man die Kreativität während der Reise in den Job einfliessen lassen. Beispielsweise wenn man am Strand liegt und die Atmosphäre dermassen inspiriert, dass dadurch etwas Aussergewöhnliches im Job kreiert wird. Freizeit und Job werden viel stärker miteinander verbunden werden, ganz im Gegensatz zu früher.

Warum wird man in Zukunft mehrere unterschiedliche Jobs gleichzeitig haben?

Nun, wenn wir heute von Karriere sprechen, gibt es nur „diese eine Karriere“. Neu wird es aber etwa drei Karrieren in unserem Leben geben. Das kommt daher, dass wir durch den technischen Fortschritt immer älter werden und immer länger arbeiten können. Mit der längeren Lebensdauer verändern sich auch die Dauer des Arbeitslebens und damit die Perioden unserer Karrieren.

Was empfehlen Sie einem frisch gebackenen Matur-Abgänger, der seine Zukunft planen möchte?

Das Wichtigste ist die Frage: Wo kann ich meine Stärken ausspielen? Für junge Leute ist das extrem schwierig herauszufinden. Deshalb gilt: Je mehr man in jungen Jahren testet und ausprobiert, desto besser. Ein starres Studium mit fünf Pflichtjahren, die man durchackern muss, halte ich für keine gute Option. Ich würde es sehr viel mehr begrüssen, wenn sich die jungen Leute in offenem, mobilen Raum bewegen und ausprobieren können und nicht in einem starren Silo für die Ausbildung gefangen sind. Probiert aus, habt aber den Mut zu stoppen, falls es nicht passt und startet etwas Neues – ohne das Angefangene auf Biegen und Brechen durchziehen zu müssen.

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Man sagt ja auch, Karrieren kann man nicht planen, sie passieren einfach.

Die Karriere sehe ich mehr wie einen Fluss, mit dessen Flow man geht. Da kommen Biegungen, Gabelungen oder Stromschnelle, bei denen man sich ständig adaptieren muss; oder einmalige Gelegenheiten am Schopf packt, auch wenn sie für die „geplante Karriere“ nicht nützlich erscheint. Als ich meinen Jura-Abschluss machte, war es beispielsweise unmöglich vorherzusehen, wo ich schlussendlich landen würde. Mein heutiger Beruf als Berater für digitale Transformation hat nämlich rein gar nichts mehr mit dem zu tun, was ich studiert habe. Früher war es so, dass man gesagt hat „in 20 Jahren ist mein Chef nicht mehr da, dann übernehme ich seinen Posten“ – das gibt’s heute nicht mehr, man kreiert seine eigene Position. Aber dafür braucht es Anpassungsfähigkeit.

Welche Fähigkeiten braucht es neben Anpassungsfähigkeit sonst noch in der Zukunft?

Constant Learning, also stetes Weiterlernen und Weiterentwickeln oder den Wissenshunger zu behalten und auch auszuleben. Ausserdem halte ich Kreativität und Innovationskraft für extrem wichtig. Nur Innovation bringt ein Unternehmen, bringt ein Land, bringt einen persönlich weiter. Leider lernt man das viel zu wenig und hat auch kein Umfeld, um das auszuleben. Aber auch Durchhaltevermögen halte ich für eine sehr wichtige Eigenschaft.

Neben Fähigkeiten braucht es aber auch Fertigkeiten – welche sind da von Vorteil?

Technische Fertigkeiten; die Technologie darf man nicht unterschätzen. Sehr viele nutzen sie intelligent, was gut ist, aber mehr vertieftes Know-how aufzubauen halte ich für eine wichtige Fertigkeit. Beispielsweise, dass man Programmiersprachen lesen kann, damit man versteht, was im Code steht. Und wer wirklich perfektes Englisch spricht – nicht nur fortgeschrittenes Niveau – hat einen klaren Vorteil. Denn damit kann man sich elegant und prägnant ausdrücken – das ist ein unglaubliches Plus im Berufsleben.

Ist Chinesisch kein Thema?

Schwierig zu sagen – meine Erfahrungen haben mir gezeigt, dass Chinesen im Businessbereich auch Englisch sprechen und nicht erwarten, dass man Chinesisch spricht. Deshalb denke ich, dass Englisch die dominante Sprache sein wird.

Zukünftige Talente haben nicht unbedingt einen Hochschulabschluss – wie findet man diese?

Indem man auf sich aufmerksam macht, indem man für etwas steht und versucht, authentisch zu sein. Nicht indem man irgendwelche High-Profile Jobs publiziert, die keine Substanz haben und nicht ehrlich gemeint sind. Ich glaube, die Leute verstehen heutzutage sehr gut, ob etwas künstlich aufgesetzt ist oder ob es ehrlich gemeint ist. Wer wirklich für etwas steht und sich positioniert, hat eine grosse Anziehungskraft.

Kann man sagen, dass in Zukunft erfolgreiche Projekte, die man in der Praxis umgesetzt hat, den Hochschulabschluss ersetzen?

Absolut! Es gibt bereits viele Hochschulen, denen der Praxisbezug wichtig ist, jedoch könnte man noch viel mehr und enger mit der Wirtschaft zusammenarbeiten – da sehe ich ein Riesenpotenzial.

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Marco Abele ist nach seiner Zeit als Chief Digital Officer bei der Credit Suisse nun mit Abele Innovation Consulting als selbstständiger Berater im Bereich digitale Transformation tätig und hilft Unternehmen dabei, den take-off in Sachen Blockchain oder digitaler Innovation zu schaffen.

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