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Rechtliche Aspekte beim Home Office

Immer mehr Unternehmen geben ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit, einen Teil ihrer Arbeitsleistungen im Home Office zu erledigen. Die Tätigkeit fern des gewöhnlichen Arbeitsplatzes lässt jedoch auch diverse Fragen aufkommen. Was du aus rechtlicher Perspektive beachten musst, wenn du deinen Job zum Teil im Home Office ausübst, erklärt dir der Rechtsanwalt Jacob Bollag.

Mathias Steger: Herr Bollag, haben Mitarbeitende automatisch das Recht auf Home Office?

Susanne Straub, Gimelli Engineering AGJacob Bollag: Nein, das Recht auf Home Office besteht nicht automatisch und kann sich nur aus einem entsprechend vereinbarten Arbeitsverhältnis ergeben. Der Arbeitsort ist als Teilaspekt der Arbeitspflicht zu verstehen. In diesem Zusammenhang wird Home Office als eine örtlich besondere Arbeitsform betrachtet. Wurde im Arbeitsvertrag keine besondere Home Office Abrede vereinbart, so hat der Arbeitnehmer keine gültige Rechtsgrundlage für einen unmittelbaren Anspruch auf Home Office Arbeit.

Auf der anderen Seite kann der Arbeitgeber auch nicht einseitig die Verrichtung von Home Office Arbeit anordnen, da er über die privaten Wohnräumlichkeiten des Arbeitnehmers keine rechtliche Verfügungsmacht hat. Zudem ist der Arbeitgeber grundsätzlich für die notwendige Infrastruktur, zu der auch der Arbeitsraum gehört, zuständig. In Ausnahmesituationen, wie beispielsweise Stromausfall oder Renovationsarbeiten der Büroräumlichkeiten, kann Heimarbeit für die Angestellten zumutbar sein und entsprechend angeordnet werden.

Soll im Arbeitsvertrag festgelegt werden, ob die Homeoffice-Tätigkeit erlaubt ist?

Allgemein sollte die Bestimmung des Arbeitsortes im Arbeitsvertrag festgelegt werden. Diese Vereinbarung muss nicht zwingend schriftlich festgehalten werden, da die Abrede des Leistungsortes an keine besonderen Formvorschriften gebunden ist. Die Schriftform empfiehlt sich jedoch, um Unklarheiten bzw. Konfliktsituationen von Anfang an zu vermeiden. Als Alternative zur Regelung im individuellen Arbeitsvertrag kann der Arbeitgeber die Rahmenbedingungen hinsichtlich der Verrichtung von Home Office Arbeit in einem internen Organisationsreglement festlegen, das einen integrierenden Bestandteil des Einzelarbeitsvertrags bildet.

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Heisst Home Office, dass man von seinem Zuhause aus arbeiten muss, oder kann man dazu auch jeden beliebigen anderen Ort wählen?

Im Einzelfall kommt es auf die vertragliche Individualabrede und die konkreten Verhältnisse an. Vereinbaren die Parteien ohne weitere Konkretisierung Home Office Arbeit, ist der Vertrag auszulegen und wohl anzunehmen dass der Arbeitnehmer seine beruflichen Aufgaben in seinen privaten Wohnräumlichkeiten zu erledigen hat. Unter Umständen können andere Arbeitsorte, wie beispielweise Ferienwohnungen, Hotels, Bibliotheken oder Coworkingspaces, in Frage kommen. Es empfiehlt sich aber, den Arbeitsort ausdrücklich oder stillschweigend zu vereinbaren und bei Erbringen von Home Office an anderen Orten als Zuhause, die ausdrückliche Zustimmung des Arbeitgebers einzuholen.

Ist es rechtlich auch erlaubt, vom Ausland aus im Home Office zu arbeiten?

Grundsätzlich kann vertraglich vereinbart werden, dass ein Arbeitnehmer, der bei einem schweizerischen Unternehmen angestellt ist und seinen Wohnsitz in einem anderen Staat hat, seine Arbeit vollumfänglich oder teilweise im Home Office an seinem Wohnort leistet. Es ist jedoch zu beachten, dass bei solchen grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnissen etliche Fragen auftauchen: Zu denken ist an Fragen des anwendbaren Rechts, der gerichtlichen Zuständigkeit für Klagen aus Arbeitsverträgen, sowie an sozialversicherungs- und arbeitsschutzrechtliche Themenbereiche. Wenn ein ausländischer Arbeitnehmer mindestens 25 Prozent seines Arbeitspensums an seinem Wohnsitz im Ausland erbringt, so finden die Rechtsvorschriften dieses Staates Anwendung. Folglich muss der schweizerische Arbeitgeber sämtliche Sozialversicherungsabgaben im entsprechenden ausländischen Staat bezahlen.

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Gibt es Orte, wo das Home Office nicht erlaubt ist?

Allgemein gibt es in der Schweiz keine spezifischen Orte, an denen Home Office grundsätzlich nicht erlaubt wäre und es sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Der Einsatz von Home Office ist abhängig vom Jobprofil, dem Aufgabenbereich und der Funktion jedes einzelnen Arbeitnehmers, aber auch von den Ansprüchen des Arbeitgebers. Zu beachten sind Faktoren wie beispielsweise der Datenschutz oder die Wahrung von Geschäfts- und kommerziellen Geheimnissen, deren Einhaltung an gewissen Orten nicht oder nur schwer sichergestellt werden kann. Beispielsweise bei den Finanzdienstleistern hat die Gewährleistung des Datenschutzes oberste Priorität, weshalb die Bankenbranche Home Office nur vereinzelt zulässt.

Gilt es versicherungstechnisch etwas zu beachten?

Für Arbeitsverhältnisse, bei welchen der Arbeitnehmer bei einem schweizerischen Unternehmen angestellt ist und seine Wohnung, wo er Heimarbeit leistet, auch in der Schweiz liegt, entstehen sozialversicherungsrechtlich keine grossen Unterschiede. Bei der Unfallversicherung kann es unter Umständen zu Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen Betriebs- und Nichtbetriebsunfällen führen. Bei grenzüberschreitender Arbeitsleistung kann es vorkommen, dass die Sozialversicherungspflicht des Arbeitgebers einer ausländischen Rechtsordnung untersteht.

Unter Umständen können andere Arbeitsorte, wie beispielweise Ferienwohnungen, Hotels, Bibliotheken oder Coworkingspaces, in Frage kommen. Es empfiehlt sich aber, den Arbeitsort ausdrücklich oder stillschweigend zu vereinbaren und bei Erbringen von Home Office an anderen Orten als Zuhause, die ausdrückliche Zustimmung des Arbeitgebers einzuholen.

Diverse Fragen stellen sich auch im Bereich der Haftpflichtversicherung: Die meisten Betriebshaftpflichtversicherungen sind örtlich auf die Betriebsräumlichkeiten des Arbeitgebers beschränkt. Es ist denkbar, dass die Betriebshaftpflichtversicherung für Schadensfälle, die während der Home Office Arbeit entstehen, nicht aufkommen wird. Ebenfalls kann es vorkommen, dass die Privathaftpflichtversicherung des Arbeitnehmers solche Schäden nicht abdeckt, denn in der Regel sind Schädigungen, die im Zusammenhang mit beruflicher Tätigkeit entstehen, von der privaten Haftpflicht ausdrücklich ausgenommen.

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Gibt es andere rechtliche Einschränkungen beim Arbeiten im Home Office?

In rechtlicher Hinsicht gibt es nicht viele Unterschiede zwischen Home Office und der Arbeitsleistung in Betriebsräumlichkeiten des Arbeitgebers. Es empfiehlt sich jedoch stets, eine schriftliche Vereinbarung insbesondere bezüglich der Kosten wie Arbeitsgeräte, Material und Spesen zu treffen sowie die Arbeitserfassung und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz ausdrücklich zu regeln.

Jacob Bollag, Rechtsanwalt & Notar, ist Partner bei Dr. J. Bollag & Cie., einer wirtschaftsjuristischen Kanzlei in Zug, und fokussiert sich auf die Beratung in arbeitsrechtlichen, gesellschaftsrechtlichen und erbrechtlichen Fällen.

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