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Wenn das Motivationsschreiben nicht mehr Teil der Bewerbung ist – das Beispiel der SBB

Seit Oktober 2019 erwartet die SBB kein Motivationsschreiben mehr von den Bewerberinnen und Bewerbern. Vielmehr ermutigt sie die Kandidaten dazu, sich auf innovative Weise, insbesondere für Positionen in denen Kreativität gefragt ist, zu bewerben – z.B. mit Videos oder Fotos.

Die Candidate Experience im Mittelpunkt der SBB

Hast du schon einmal von Candidate Experience gehört? Dabei geht es darum, wie Kandidaten den Rekrutierungsprozess eines Unternehmens wahrnehmen, für das sie sich beworben haben. Das beginnt mit der Suche im Internet, geht weiter mit dem Bewerbungsverfahren und endet, im Idealfall, mit einer Anstellung. Aktuell versuchen viele Unternehmen einen einfacheren Bewerbungsprozess durchzusetzen, um die Erfahrung der Kandidaten mit dem Unternehmen so positiv wie möglich zu gestalten.

Zu den verschiedenen Faktoren, die zur Verbesserung dieser Erfahrung bzw. Candidate Experience der Kandidaten beitragen, gehören ein direkter Austausch zwischen den Mitarbeitenden des Unternehmens und den Kandidaten, damit diese Fragen stellen können, eine möglichst kurze Antwortzeit des Unternehmens, nachdem der Kandidat seine Bewerbung abgeschickt hat, oder ein erleichterter Bewerbungsprozess ohne Motivationsschreiben.

Genau aus diesem Grund braucht es bei der SBB kein Anschreiben mehr, wenn man sich dort um eine Stelle bewirbt. Leila Claivaz, Lead Link Recrutement bei der SBB, erklärt dazu: «Die Erfahrung der Kandidaten ist für uns eine Priorität. Wir wollten den Bewerbungsprozess bei der SBB vereinfachen, wie es in einigen Branchen bereits der Fall ist.» Darum haben sie beschlossen, die Kandidaten nicht mehr um ein Motivationsschreiben zu bitten. Dies gilt für alle ihre Stellenangebote in der ganzen Schweiz. «Die grosse Mehrheit der Reaktionen sind positiv! Die Kandidaten schätzen unseren modernen Rekrutierungsprozess. Für diejenigen, die dennoch ein Motivationsschreiben einreichen möchten, ist das aber auch noch möglich.» Der Rekrutierungsprozess wird ohne Bewerbungsschreiben vereinfacht und den Kandidaten wird ermöglicht, wenn sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden, ihre Motivation in einem persönlichen Austausch zu erklären, der direkter und authentischer ist als in schriftlicher Form.

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Zunehmende Bedeutung des Lebenslaufs und des Bewerbungsgesprächs

Für Leila Claivaz bleibt der Lebenslauf die Visitenkarte der Kandidaten und erhält in der Bewerbung einen zentralen Stellenwert. Ein Personalverantwortlicher wird ihn immer als erstes in deinen Bewerbungsunterlagen anschauen. «Darüber hinaus bleibt für uns das persönliche Treffen mit unseren Kandidaten am wichtigsten, weil wir sie erst dadurch wirklich kennenlernen können.» In dieser Hinsicht wird das Vorstellungsgespräch zu einem wichtigem Austausch für die Kandidaten, die bestimmte Punkte ansprechen möchten, die sie in ihrem Anschreiben nicht näher hätten angeben können, wie z.B. Beschäftigungsgrad oder Verfügbarkeit. Ausserdem erhalten sie so eine einmalige Gelegenheit, ihrem potenziellen Arbeitgeber ihre Motivation zu demonstrieren. «Wir glauben, dass jeder Kandidat, der sich bei der SBB bewirbt, motiviert ist, sich uns anzuschliessen. Andere spezifische Motivationsgründe wie die Position, die Vorgesetzten und das Team können nur in einem interaktiven Gespräch zum Ausdruck gebracht werden.»

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Eine andere Art der Bewerbung

Die SBB gibt auf ihrer Website Tipps und Tricks zur richtigen Bewerbung: «Ihre Motivation können Sie uns jedoch nach wie vor in Ihren eigenen Worten, mit einem Link auf Ihre Website oder einer anderen kreativen Art direkt in unserem Bewerbungstool mitteilen». Mit diesem Satz bestätigt die SBB einerseits den Trend zu Video-Bewerbungen, andererseits bleibt sie offen für Motivationsschreiben von Kandidaten, die dies wünschen. Bei der Lancierung dieser Initiative im Oktober 2019 gingen bei der SBB noch 50 % der Bewerbungen mit einem Anschreiben ein, dieser Prozentsatz sinkt seither kontinuierlich.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Versenden von Bewerbungen ohne Bewerbungsschreiben in der Schweiz immer häufiger wird, obwohl man noch nicht von einer allgemeinen Praxis sprechen kann. Das Motivationsschreiben kann sich in einigen Fällen aber auch als nützlich erweisen, um nicht automatisch durch die Algorithmen in der Vorauswahlphase ausgeschlossen zu werden und die Chancen zu erhöhen, dass es von einem Menschen gelesen wird. Darüber hinaus sind einige Branchen stärker als andere dazu geneigt, das Motivationsschreiben nicht mehr als Teil der Bewerbungsunterlagen zu sehen. Dies ist insbesondere im IT-Bereich der Fall. Im Zweifelsfall ist es am besten, das Unternehmen anzurufen und die Frage an die auf der Stellenanzeige angegebene Kontaktperson zu stellen.

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